Seifenbällle aus alter Zeit

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"Savonettes" - Hände waschen wie vor knapp 150 Jahren ...

Wasch- oder Seifenbälle, auch "Savonettes" genannt, wurden aus verschiedenen Seifensorten hergestellt und enthielten meistens Zusätze von gepuderter Stärke (aus Weizen oder Kartoffeln) oder Reismehl sowie Duft- und Farbstoffe. Als Grundseife wurde gerne eine unparfümierte Kokosseife genommen, aber auch einfache Transparentseifen wurden verwendet. Mit zunehmender Industrialisierung der Seifenfabrikation ging auch der Gebrauch der Seifenkugeln zurück - sie scheinen irgenwann einfach nicht mehr modern gewesen zu sein.

Im Jahre 1805 hingegen wurden sie noch in sorgfältiger Handarbeit hergestellt, wie dieses Rezept des Chemieprofessors  Trommsdorff zeigt, es stammt aus seinem Buch "Kallopistria oder die Kunst der Toilette für die elegante Welt"

Aromatische Seifenkugeln

Man nehme ein Pfund florentinische Violenwurzel, vier Unzen der feinsten Benzoe, zwei Unzen Storax in Körnern, eine halbe Unze Gewürznelken, zwei Drachmen Zimmtrinde, ein bis zwei Stück Muskatnüsse und stoße alles zu einem sehr feinen Pulver, das man durch ein Sieb abschlägt. Nun nimmt man zwei Pfund fein geschabte weiße Seife, die man mit dem Pulver vermengt, worauf man etwas Weingeist zugießt, und so alles einige Tage lang stehen läßt. Endlich arbeitet man alles gut durch einander, setzt noch so viel Orangeblüthenwasser hinzu, als nöthig ist, und formt daraus Kugeln von beliebiger Größe. Um diesen Kugeln mehr Festigkeit zu geben, setzt man auch wohl noch etwas Stärkemehl und Traganthschleim hinzu, welches aber eben nicht durchaus notwendig ist. Will man den Geruch verstärken, so wird noch eine beliebige Menge von wohlriechenden Oelen hinzugesetzt.

handgemachte WaschbälleDie beiden folgenden Rezepte stammen aus der Online Version von: " The druggists general receipt book." aus dem Jahr 1857 (steht auf der Linkseite), ich habe den Text nach bestem Wissen und Gewissen übersetzt, dabei allerdings die Mengen reduziert. Die damals verwendete Seife bestand zum Teil aus tierischen Fetten, ich bin jedoch sicher, auch mit Pflanzenseifen lassen sich gute Ergebnisse erzielen. Für etwas fortschrittlichere Versionen ersetzten wir wenigstens einen Teil der Stärke durch pulverisierte Kräuter und/oder Hafermehl.

Gewöhnliche oder Zitronenwaschbälle

900 g Seife, 450 g Stärke, 180 - 200 ml Wasser, 2 Zitronen, Zitronenessenz (ätherisches Zitronenöl, etwa 20 ml )

Zitronen waschen, in Stücke schneiden und mit dem Wasser kochen lassen. Abseihen. Seifenraspeln, Stärke, Zitronenwasser und ätherisches Zitronenöl miteinander verkneten, zu Kugeln formen und trocknen lassen.

Cremewaschbälle

1000 g Seife, 150 g Stärke, Wasser oder Rosenwasser

Seife raspeln, zusammen mit der Stärke und dem (erwärmten) Rosenwasser verkneten, nach Wunsch parfümieren und zu Kugeln formen.

Vielfach wurde die Stärke der Seife jedoch auch schon bei der Herstellung zugefügt, also unmittelbar nach dem Andicken der Seifenmasse. Das hat den Vorteil, das die Stärke besser verkleistert und so eine schönere Konsistenz erzielt wurde. 

Die fertigen Seifenkugeln wurden oft in Spiritus getaucht, um eine glänzende Oberfläche zu erzielen. Um Risse durch zu großen Wasserverlust zu vermeiden, wurden die Waschbälle in großen, dekorativen Gläsern mit Deckel aufbewahrt. Durch die Mischung spezieller Seifenparfüme wurden den verschiedenen Waschbällen ihr jeweiliger Charakter verliehen, die Beispiele dazu stammen aus dem Buch "Der Seifenfabrikant - ein Handbuch für Praktiker", von Friedrich Wiltner, 10. Auflage, Wien und Leipzig A. Hartleben’s Verlag, 1921.

Die damals verwendete Grundmasse bestand jeweils aus 60 kg Seifenmasse und 10 kg Stärkemehl.

Frangipaniseifenkugeln

70 kg Grundmasse
80 g Lavendelöl
70 g Zitronenöl
50 g Anisöl
40 g Bergamottöl
30 g Geraniumöl
30 g Neroliöl
20 g Nelkenöl
20 g Zimtöl

Färbung: rot

Neapolitaner Seifenkugeln

70 kg Grundmasse
60 g Bergamottöl
50 g Lavendelöl
50 g Myrtenöl
50 g Neroliöl
50 g Pfefferminzöl
50 g Portugalöl
50 g Rosmarinöl

40 g Anisöl
40 g Fenchelöl
20 g Geraniumöl

Färbung: grün

 
Bleibt nur noch die Frage zu beantworten: warum bzw. sind Seifenkugeln aus den Geschäften verschwunden ? Schon um 1920 wurden sie in Deutschland kaum noch hergestellt (vgl.  "Handbuch der Seifenfabrikation" von Walther Schrauth, S. 509 ),  die Fabrikanten bedienten sich statt dessen der Seifenpressen, um ihre Erzeugnisse zu handlichen Riegeln zu formen.

Doch auch zur Herstellung von Seifenbällen gab es Hilfsvorrichtungen, zum Beispiel den sogenannten "Seifenlöffel", welcher meistens aus Horn oder Messing gefertigt war: 

Seifenlöffel

Transparente Glyzerinseifen wurden noch etwas länger zu Seifenkugeln verarbeitet, zum Beispiel mit Hilfe folgender Vorrichtung: 

Seifenkugelschneidevorrichtung

Der Tisch a dient zur Aufnahme des frischen Seifenriegels, aus dem die Kugeln gewonnen werden sollen und dessen Querschnitt dem Durchmessser der Kugeln angepaßt sein muß, also bei beispielsweise 30 mm Durchmesser etwa 32 mm im Quadrat betragen muß. An dem einen Ende des Tisches befindet sich die eigentliche Schneidevorrichtung A. 

Sie besteht im wesentlichen aus dem Gehäuse c mit dem durch die Handkurbel b angetriebenen Räderwerke, welches das im Gehäuse c befindliche halbkreisförmige Schneidemesser in rotierende Bewegung setzt. Eine auf dem Gehäuse angebrachte Arretierung d hat den Zweck, den Seifenriegel an seinem Platze unverrückbar festzuhalten, während die Kugel geschnitten wird. 

Auf dem anderen Ende des Tisches befindet sich eine Vorschubvorrichtung B, bestehend aus der Zahnstange e mit Kopf f davor und aus dem mit Sperrkegel versehenen Handhebel g. 

Pomeranzenseifenkugeln

70 kg Grundmasse

150 g Zitronenöl,
  50 g Bittermandelöl,
  50 g Kassiaöl,
  40 g Neroliöl,
  20 g Jasminöl

Färbung: orange rot

 

Lavendelseifenkugeln

70 kg Grundmasse

150 g Lavendelöl,
  50 g Rosmarinöl,
  40 g Geraniumöl
  20 g Muskatblütöl,
  20 g Zimtöl

Färbung: blau

 

A dreamer is one who can only find his way by moonlight,
and his punishment is that he sees the dawn before the rest of the world. -- Oscar Wilde

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zuletzt geändert: Sonntag, 18. September 2016

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