Seifensieders Tagebuch 2003

You can't cross the sea merely by standing and staring at the
water. Don't let yourself indulge in vain wishes.   ---  Tagore

Herzlich Willkommen im Neuen Jahr 2003 !! :-))

Nach einem etwas hektischen Dezember bietet der Jänner endlich wieder Zeit und Muße für Experimente am Seifentopf. 

Wenn es nach mir geht, sollen dieses Jahr die historischen Seifendüfte im Vordergrund stehen, abgesehen davon geht die Suche nach dem perfekten Stück Seife munter weiter - na, mal sehen wohin es mich treibt ...

Mohn-Zitronenseife

Alpenbutterseife <Dezember 2003>

Am Anfang stand eine müßige Überlegung am Kühlregal des nächstgelegenen Supermarktes; ich stand genau vor dem Korb mit den fast schon abgelaufenen Milchprodukten die zu einem Bruchteil des Normalpreises angeboten werden - es  kann genaugenommen nicht mehr lange dauern bis dort ein findiger Filialleiter ein Schild " Seifensieder aufgepasst !!" anbringt - doch vielleicht überschätze ich die Popularität der Naturseifenszene auch ein wenig, wer weiß ..

Zurück zu meiner müßigen Spekulation: "Was passiert wohl, wenn ich mal ein Viertelkilo Butter verseife ? Schöne, feine Teebutter, Alpenbutter oder was auch immer ich gerade superbillig bekomme." Kräuterbutter (ohne Knoblauch!!) hätte ich auch spannend gefunden, doch erstanden habe ich an diesem Tag ganz normale Butter - statt wie schon so oft in einen Kuchen wanderte sie diesmal zusammen mit Kokosöl, Rapsöl und Olivenöl und Sonnenblumenöl in den Seifentopf. Nachdem der Seifenrechner reine Butter nicht kennt verwendet ich das Eingabefeld für Margarine - Butter besteht schließlich auch zu einem Teil aus Wasser, ihr Verseifungswert liegt garantiert eine Idee höher doch bei einem Anteil an der Gesamtfettmenge von 25% und einem Überfettungsgrad von 5% würde das garantiert nicht ins Gewicht fallen. Also fing ich an ... bei der Herstellung fiel mir nur auf, dass die Seife relativ lange zum Andicken gebraucht hat. In der Form ging sie rasch in eine aktive Gelphase und hinterher .... begann das lange Warten. 

Die Farbe der Seife ist gelblich. Nun kann ich nicht sagen, ob das auf die großzügige Zugabe von Orangen- und Litzea Cubeba Öl zurückzuführen ist oder an der Butter selbst liegt (hier in Österreich wird sie soviel ich der Packung entnehmen kann ja NICHT mit Betacarotin oder sonstigen Lebensmittelfarben gefärbt) weiß ich nicht. Als Zutat für reinweiße Seife kann ich Butter jedenfalls nicht empfehlen, doch das Gelb (ja, ja, irgendwann gibt's sich ein Foto von der Seife...) harmoniert durchaus mit dem zarten Zitrusduft- viel bleibt von regulärem Orangenöl ja nie in der Seife zurück, das hat mich nicht weiter überrascht. Angenehm berührt war ich hingegen von der Seife selbst bzw. von  ihrem Schaum als ich endlich mit einem Stück davon unter der Dusche stand: cremiger, feinporiger Schaum von viel schönerer Qualität als es Palmöl in diesem Mix ergeben hätte. Finde ich jedenfalls - weitere Testpersonen (die anderes Wasser haben als ich - sowas spielt bei der Performance von Seifen eine erstaunlich große Rolle...) werden hoffentlich bald ihr Urteil abgeben und ich berichte dann natürlich ..

Fazit nach diesem Erstversuch: es lohnt sich durchaus, das Palmöl mal durch Butter zu ersetzen. Ich sehe weitere Experimente auf mich zukommen sobald der lokale Supermarkt wieder zu viel Butter bestellt hat ...

Gute Seife für hartes Wasser ?  <Mai 2003>

Kräuterseife mit eingebautem WasserenthärterIn meinem Haus befinden sich zwei Wasserleitungen: eine liefert das Trinkwasser – gutes Wiener Hochquellwasser - , die andere bringt das Nutzwasser: Grundwasser, heraufgepumpt von der Wasserpumpe im Keller. Bis vor wenigen Jahren wurde dieses Wasser von den Anrainer hier getrunken da der letzte Zipfel der Stadt erst sehr spät ans städtische Wassernetz angeschlossen worden ist. Langer Vorrede kurzer Sinn: das Nutzwasser, mit dem ich auch dusche, ist ausgesprochen hart, es enthält jede Menge Kalk. Dieser wiederum behindert all die feinen handgemachten Seifen bei ihrer Aufgabe, schön zu schäumen. Also muß ein Wasserenthärter her ! Geht das ? 

Industriell gefertigte Seifen enthalten schon lange so einen Zusatz, leicht erkennbar an der Abkürzung EDTA. Borax käme unter anderem auch noch in Frage doch nachdem wir ja Naturseifen machen soll es für meinen Geschmack eine Spur natürlicher sein – warum also nicht Zitronensäure versuchen ? Zum Entkalken der Kaffeemaschine ist sie schließlich ebensogut geeignet wie für einen „angekalkten“ Geschirrspüler. Überdies sind die weißen Kristalle einfach und preiswert im Supermarkt zu bekommen, wer im Sommer eifrig einkocht hat sie meistens ohnehin vorrätig. Einfach zu verarbeiten ist die Zitronensäure obendrein - denn sie reagiert erfreulicher Weise mit NaOH  nach dem altbewährten Muster Säure plus Base gibt ein Salz - und das Salz heißt in diesem Fall Natriumcitrat (E331). Natriumcitrat wiederum ist ein Wasserenthärter  

Soweit so gut ... über die Wirkung werde ich hier in ein paar Wochen berichten, für's erste reift die experimentelle Seife vor sich hin.... 

Nachtrag:  ich finde der Versuch hat sich gelohnt, dieser zugegeben etwas subjektive Eindruck wurde auch von Freundinnen in Gegenden mit hartem Wasser bestätigt. Der Schaum wird als weicher empfunden, das ist ja schon mal was. Die schlechte Nachricht: meine Waschmuschel weist praktisch ebensoviele Kalkseifenablagerungen auf wie eh und je,  wenn von den 20 verwendeten Seifensorten eine einzige Wasserenthärter enthält ist das offensichtlich nicht genug. Doch es reifen gerade fünf neue Sorten mit Natriumcitrat vor sich hin und dann werde ich mehr wissen... 

Rotwein-Zimtseife <Jänner 2003>

Rotwein-ZimtseifeAbwechslung ist doch was Schönes - also warum nicht mal Rotwein statt Wasser, Tee oder Milch zum Anrühren der Lauge verwenden ? dachte ich mir .... natürlich habe ich den Rotwein vorher brav abgekocht damit der Alkohol rausgeht und hinterher kalt gestellt. Also war ich ganz entspannt und durchaus fröhlich als ich schließlich die NaOH Plättchen in den Rotwein gekippt habe  - rührte um - und glaubte nicht richtig zu sehen als die Masse plötzlich *emporzusteigen* begann ! Nun hatte ich diesbezüglich ja relativ Spielraum, mein Behälter war nur zu einem Viertel gefüllt, ich dachte mit ein bißchen Rühren würde sich die Lauge schon wieder einkriegen - WEIT gefehlt !! Sie stieg höher und höher, dampfte und fing auch noch an zu sprudeln - sah aus wie kochendes Wasser nur eben mit dem Unterschied, dass es rot und ätzend war. In diesem Moment fühlte ich mich nicht mehr besonders gut - aber nachdem alles ohnehin blitzschnell ging blieb keine Zeit für Selbstzweifel, ich rührte einfach weiter und übte mich im positiven denken was auch teilweise Erfolg hatte: die Lauge ging nur ein klein wenig über und - das fand ich in diesem Moment ganz wichtig - sie spritzte mir nirgends hin. Ich war zwar vorschriftsmäßig mit Schutzbrille und Gummihandschuhen ausgestattet, doch diese Flüssigkeit war ganz offensichtlich KOCHEND heiß....  letztendlich gab ich noch eine gute Prise NaOH dazu und ergänzte die verloren gegangene Lauge durch ein wenig destilliertes Wasser ... und machte unerschrocken mit dem Projekt Rotweinseife weiter. Der Rest verlief dann auch vollkommen unspektakulär und die Seife selbst finde ich eigentlich auch recht hübsch. Wenn ich wieder einmal Weinseife machen möchte werde ich das NaOH GARANTIERT nur mehr *portionsweise* dazugeben um diesen Effekt zu vermeiden - das Putzen hinterher war nicht unbedingt erfreulich ...  tja, aus Erfahrung wird frau klug ...

Indigo <Jänner 2003>

Indigoseife nach 24 StundenIn den alten Büchern wird Indigo als brauchbares Mittel zum Blau färben von Seifen beschrieben - nähere Tipps zur Verarbeitung fehlen allerdings (ich hab' die alten Seifensieder im Verdacht dass sie es einfach in den Kessel gekippt und mitgekocht haben ?) und außerdem wurde es gegen Ende des 19. Jahrhunderts weitgehend durch Ultramarin Pigmente ersetzt - was wohl der Grund dafür gewesen sein mag  ?  Vielleicht kann ich es ja rausfinden ... Herald hat mich freundlicherweise darauf aufmerksam gemacht, dass Indigo weder wasser- noch öllöslich ist (na klasse ! :-\)  - und vorgeschlagen, das Pulver doch gleich in die Lauge zu rühren. Also gut -  dann machen wir das mal so ...  für dieses Experiment bleibe ich bei einer einfachen Grundseife - je 25% Palmöl, Kokosöl, Maiskeimöl und Rapsöl, insgesamt 2 kg  - und hoffe aus ganzem Herzen, dass die Seife nicht braun wird. Meine Lauge ist flüssig, ich fülle mit dest. Wasser auf.  Und dann kippe ich das wunderbar blaue Indigopulver hinein - und siehe da, es *bleibt* auch blau,  was für eine Freude - läßt sich gut verrühren und die Seife wird tiefblau. Wie erfreulich ! :-)  Nur für den Fall dass es sich meine Kreation später in der Form anders überlegt werfe ich zwei Handvoll bunter Seifenwürfel hinein - dicke Decke drüber und ab nach hinten ins Büro wo garantiert keines meiner Kinder drüber stolpern oder eventuell versehentlich einen Plastikdinosaurier reinversenken könnte - nun beginnt das Warten.

Die Seife kommt in die Gelphase (ja, ich hab' geguckt). Sie ist immer noch blau. Der kleine Klecks den ich unbedeckt zur Seite gestellt habe um zu sehen wie sich die Hitze auf das Indiogpulver auswirkt  wird heller - naja, bei vielen Seifen die nicht in die Gelphase kommen (zum Beispiel in den kleinen Einzelförmchen !) ist das so.  In vier Wochen, nach der Reifezeit gibt's ein Update.

Nachtrag: jetzt, nach deutlich mehr als vier Wochen ist die Seife immer noch so schön blau wie auf dem Foto oben - super ! Noch besser finde ich, dass sie weder meine Handtücher noch meine Kinder blau gefärbt hat. Indigo scheint eine gute pflanzliche Alternative zu synthetischen Seifenfarben zu sein - ich leg' jetzt ein Stückchen der Seife in die Sonne (ok, sagen wir mal *ins Licht* -  Sonne ist jetzt, Anfang März, leider immer noch Mangelware hier ...) und dann werden wir ja sehen ob das Blau auch lichtecht ist .

Vanilleseife mit Rum <Jänner 2003>

Schon wieder Vanille - in eine Vanilleseife vom Vorjahr hab' ich weiße Seifenwürfelchen zur Akzentuierung eingerührt - faszinierender Weise haben sich die im Laufe von ein paar Wochen ebenfalls dunkelbraun gefärbt, bei Vanillin handelt es sich offenbar um ganz schön potentes Zeug. Einfärbig dunkelbraune Seife möchte ich aber auch nicht - also versuchen wir es anders - hier der Plan: wenn ich ca. 1/4 der Masse unbeduftet lasse und noch zusätzlich ein Titandioxid einrühre  könnte es funktionieren - oder ? Diesmal löse ich das Vanillin in Alkohol (80%igem Rum) und bereite mich seelisch schon mal drauf vor, superflott zu arbeiten da der Alkohlzusatz für ein rasches Andicken sorgt - d. h.  unter anderem keine schmucken Einzelförmchen zum Befüllen vorzubereiten - die Masse wird schwungvoll in eine Holzform gegossen.  Die Wassermenge erhöhe ich auch ein bißchen und gehe mit der Temperatur auf ca. 36° C runter damit meine Seife nicht zu heftig wird. 

Das Vanillin löst sich nicht (Geduld ist eine Tugend !) und ich stelle das Glas auf die Heizung - vielleicht hilft Wärme ja. Vanillin IST alkohollöslich - Dr. Walther Schrauth schreibt in seinem "Handbuch der Seifenfabrikation"  5. Auflage von 1921 dazu: 

"... der Vanilletinktur ist die Tinktur aus Vanillin vorzuziehen. Man erhält eine mindestens gleichwertige Vanillintinktur durch Lösen von 3 g Vanillin in 2 Liter Sprit" 

 - na bitte ! Sein  Rezept für "echte" Vanilletinktur sei der Vollständigkeit halber auch noch angeführt:

"150 g beste Bourbon-Vanille,
2 l Sprit.

Vanille-Rumseife nach 24 StundenMan verfährt zur Gewinnung der Tinktur folgendermaßen: Die Vanilleschoten werden der Länge nach durchgeschnitten und die geöffneten Schoten für die Extraktion mit Spiritus dann in möglichst kleine Stückchen geschnitten. - Einige Parfümeure reiben die so zerkleinerte Vanille noch in der Porzellanreibschale mit Zucker ab, wodurch die kleinen Samenkörper, welche in der Schote enthalten sind, zerrieben werden und eine bessere Ausbeute erzielt werden soll. "

Die nadelfeinen Kristalle im Rum werden zusehends weniger - in meinem Zimmer riecht es mittlerweile wirklich bemerkenswert.  Alles aufgelöst, super. Das Titandioxid rühre ich mit ein bißchen dest. Wasser an,  erst nachdem die helle Masse fertig ist kommt die Vanillintinktur sowie ein kleiner Schuß Vanilleduftöl von Brambleberry in die restliche Seife -hui, so schnell hab' ich schon lang nicht mehr gearbeitet doch es macht sich bezahlt, denn die Seife ist schon in der Form als sich der Alkohol bemerkbar macht und sie "zusammenfährt" also schlagartig dick wird. Doch *jetzt* stört es mich nicht mehr. Am nächsten Morgen hab' ich einen hübschen Seifenblock, der außen schon braun wird. Auf dem Bild ist die Seife gerade mal 24 Stunden jung - sie wird im Laufe der nächsten Wochen noch wesentlich dunkler werden !

Nachtrag: jetzt, knappe 4 Wochen später ist die Seife dunkelbraun & riecht immer noch herrlich. Der Alkohl hat Einfluß auf den Duft -aber richtig herausriechen kann ich den Rum nicht. Alles in allem bin ich recht happy mit der Seife !

Seifensieders Tagebuch von 2002 !

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