Seifensieders Tagebuch 2004

Reading furnishes the mind only with materials of knowledge;
 it is thinking that makes what we read ours.
  -- John Locke

Die Herstellung von Naturseifen ist für mich kein Mittel zum Zweck - kein Mittel, um damit reich zu werden, kein Mittel um hinterher mit dem Produkt sauber zu werden (was jedoch zugegebener Weise ein angenehmer Nebeneffekt ist), kein Mittel um relativ preisgünstig an schöne Geschenke für den nahen und den entfernteren Freundeskreis zu kommen. Nein, auch nach all den Jahren ist es immer noch Vergnügen pur - Freude an den klaren, schimmernden Ölen, den duftenden Kräutern und vor allem an der reizvollen Verbindung die sie nach dem Zusammentreffen mit der Lauge eingehen:
Seife.
Nicht jeder versteht, wieviel Faszination in einem einzigen Wort liegen kann - oder soll ich besser sagen, in einem einzigen Stück Seife ?  Wer der selbst siedet, der weiß: handgemachte Seife bleibt nicht lange alleine - eine Sorte gesellt sich zur nächsten, so geht es immer weiter - die Variationsmöglichkeiten sind unendlich.

Seifenchristbaum  <Dezember 2005>                                              http://seifenchristbaum.naturseife.com

Was passiert, wenn mitternächtliche Geistesblitze am nächsten Tag  - und all den zähen Tagen danach -  mit der Realität zusammentreffen - dieser interessanten Frage wollen wir hier heute Abend gemeinsam nachgehen. Begonnen hat es bereits im September nach etlichen Runden Grün- und Kräutertee, spätnachts - da war er plötzlich da, der Gedanke einen Baum komplett mit selbstfabizierten Seifchens zu schmücken - einfach so, weil es das bisher noch nie gegeben hat (oder wir es bloß noch nicht gesehen haben, wer weiß?). 

Am Anfang sah es recht unkomplizert aus - im Forum fanden wir jede Menge Mitsiederinnen, und auch LichtInsDunkel war von der Idee so eines versteigerungstauglichen Objektes  durchaus angetan. Fröhlich begannen wir also, nach einem passenden Aufstellungsort für den Baum zu fahnden (mein Gästezimmer war ziemlich rasch aus dem Rennen wegen mangelndem Publikumsverkehr) - mit größtmöglichem Optimismus wollten wir hoch hinaus und peilten gleich mal Wiens Rathaus an - der jährliche Adventzauber könnte doch auch einem höheren Zweck - also unserem Seifenchristbaum - dienen, oder ? 

Um es gleich zu sagen: wir stießen beim den Zuständigen im Rathaus auf viel Entgegenkommen und Verständnis - allerdings gepaart mit einer schmerzhaften Dosis Realismus: der Baum würde von Souvenirjägern behelligt werden gab man uns zu bedenken.... eine seifensiederliche Leibwache für den Baum war aus organisatorischen Gründen ebenfalls nicht im Rahmen des Möglichen da die meisten Siederinnen in Deutschland leben also machten wir eine Kehrtwende, weg von den Menschenmassen, hin zur abgeschirmten Exklusivität eines -  Fernsehstudios. Dachten wir uns jedenfalls. Ein Email ging raus, dann noch eines. Nichts. Keine Reaktion außer dem üblichen Brief vom GIS (das sind die netten Leute die regelmäßig die Fernseh- und Rundfunkgebühren kassieren). Eine der beherzteren Siederinnen griff zum Telefon. Gespräche werden geführt, Zuständige sind da oder auch nicht - und unterm Strich kommen wir kein Stück weiter, dafür flattert ein Tag nach dem anderen vom Abreißkalender meiner Kinder und plötzlich beginnt der Dezember.  Während sich die letzten Seifen aus Deutschland noch am Postweg befinden kommen wir langsam aber sicher in Zugzwang. 

Der Baum muß raus - welcher Baum eigentlich ? Ein Blick auf die Quelle aller Dinge - groß oder kleine, nutzlos ode sinnvoll (ja,  genau, ebay...) zeigt dass wir ein wenig zu früh dran sind. Plastikbäume könnte wir schon haben - doch ob wir mit Naturseifen am Plastikbaum mehr als herzhaftes Gelächter erreichen weiß ich ehrlich gesagt nicht.. ich tendiere langsam dazu, noch ein paar Tage zu warten, einen freundlichen Baumarkt zu beglücken und dann den Baum einfach aufzustellen - Wien ist eine große Stadt, da werden wir wohl ein Plätzchen finden ? Vielleicht sollten wir weniger Mails schreiben, weniger Leute frage und statt dessen einfach aktiv werden.... 

Doch schließlich ist alles gut ausgegangen und wir haben einen feinen Platz bekommen - zentral gelegen, gleich neben einem kleinen Weihnachtsmarkt, und zwar im Hauptgebäude der Technischen Universität Wien. Aus dem ursprünglich als 1,50 m hohen Bäumchen geplanten Ding wurde eine stattliche 2,20 m hohe Tanne die unter der Last all der duftenden Seifen fast schon ein wenig schwankte - trotz extra besorgtem Christbaumständer, den wir sogar noch mit nagelneuen Granitsteinen aus dem nächsten Baumarkt beschwert haben. Der freundliche Portier gab uns Schilder zum Befestigen der Zettelchen und so steht der Baum jetzt in all seiner Pracht und wartet darauf, ersteigert zu werden. Und ich warte darauf, dass sich die dafür zuständige Stelle bei mir meldet :-)

Nachtrag, spät aber doch: es fand sich letztendlich doch noch ein Plätzchen in der Weltstadt Wien. 

Reine Kokos-Seife mit NaOH & KOH<Mai 2005>

Früher - also vor 100 und mehr Jahren - wurden die kaltgerührten Toiletteseifen ja vorzugsweise aus reinem Kokosöl hergestellt. Im Gegensatz zu heute war es recht billig und außerdem leicht zu verarbeiten da es die Seife im Rekordtempo andicken läßt wie ich erst unlängst wieder festgestellt hatte, und das kam so: 

An einem schon recht sommerlichen Freitag Nachmittag bekam ich lieben seifensiederlichen Besuch und schon bald wandte sich das Gespräch der traditionellen Kokosseife zu - so einer, wie sie in Wien nur noch von einer Fabrik, gleich hier im 22. Bezirk produziert wird. Die Besonderheit dabei ist, dass das Kokosfett sowohl mit NaOH als auch mit KOH verseift wird, an Inhaltsstoffen sind weiters noch Ascorbinsäure (also Vitamin C) sowie EDTA (das brauchen wir natürlich nicht in unseren Naturseifen !) gelistet - plus diverser Farben & Düfte, je nach Sorte eben. Interessiert haben uns zwei Dinge: die Verseifung mit zwei Laugensorten und der Zusatz von Ascorbinsäure - irgendeinen Nutzen muß das ja haben dachten wir uns, denn warum sollte ein erprobter Seifensieder das sonst in seinen Mix kippen ? 

Kokosseife mit NaOH und KOHSeifensiederinnen sind oft schnell entschlossen, spontan, unternehmungslustig -  und außerdem dafür bekannt, bei ihren Zusammenkünften öfter mal nach Stabmixer und Laugenkübel zu greifen, und so geschah es auch an besagtem Freitag Nachmittag, in Rekordzeit einigten wir uns auf die zu verwendenden Düfte: Veilchenduftöl von  Brambleberry gemischt mit Rosenduftöl von Cosnaderm, gefärbt mit Kremer Pflanzenpigment Holunder. Und natürlich Vitamin C - da hatte ich noch Restbestände  vom Winter. Zuerst war auch die Zitronensäure im Gespräch da wir dabei die erforderliche Lauge einfach mit dem Seifenrechner berechnet hätten - für Vitamin C haben wir (noch) keinen Verseifungswert. Wilde Spekulationen  brachen aus: welches der Pülverchen würde wohl saurer sein ? Ratloses Starren in die Behälter brachte uns nicht wirklich weiter  - bis schließlich eine Siederin  (*ich* war es nicht !!!) unerschrocken zur Verkostung schritt. 

Fazit: Zitronensäure ist saurer als Vitamin C. Und beides passt geschmacklich nur sehr bedingt zu Kaffee und Marmeladewuchteln.

Planungsstadium und Grundlagenforschung waren somit abgeschlossen, der Seifenrechner spuckte bereitwillig wie immer die erforderliche Laugenmenge aus, wir entschieden uns für eine sehr gemäßigte Überfettung in der Annahme, dass ein Teil der Lauge durch die Ascorbinsäure aufgebraucht werden würde und rührten fröhlich drauf los. Wie erwartet dickte alles recht flott an, den Stabmixer haben wir nur wenig verwendet  - und so recht interessante Streifen und Pünktchen in unsere Seife hineinfabriziert. Die Gelphase kam prompt, heftig und heiß über die drei gefüllten Margarinebecherlein, am nächste Morgen lag die Seife zufrieden rosa-violett und fest in ihrer Form. 

Nachtrag: die Seife ist mittlerweile aufgeschnitten, und während ich ihr noch fasziniert beim Reifen/Trocknen zusehen, haben wagemutigere Kolleginnen sich bereits damit gewaschen, die heißte Testphase hat also schon begonnen. Resultate - egal ob unterschiedlich oder einheitlich - werden in weiterer Folge verläßlich hier veröffentlicht.

Mozartschnitte <Jänner 2005>

Hier in Wien (und sicher auch anderswo) gibt's ja diese leckeren Mozartkugeln: außen ist dunkle Schokolade, gefolgt von einer Schicht hellem Nougat, dann dunkler Nougat, und schließlich ist da noch ein Kern aus grünem Marzipan. Schmeckt gut und sieht gut aus - also die ideale Inspiration für eine neue Seife. Nun wollte ich nicht unbedingt -zig keine Kugeln drehen und die dann hinterher aufschneiden - obwohl das auch recht hübsch aussehen könnte -  sondern hab' mich nach langen Vorstudien (bestehend aus dem Verzehr von zumindest 30 Mozartkugeln, aufgeteilt auf ein halbes Jahr ... was tut frau nicht alles für ein bißchen Authentizität in ihren Werken ;->) für eine Schnitten-Variante  entschieden. Um exakte Schichten zu erhalten hätte ich jede Schicht für extra machen müssen, danach war mir nun wirklich nicht zumute und so hab' ich einfach einen großen Topf voll Rohseife gerührt  - schönes Rezept natürlich mit Kakaobutter, Mandelöl und Schlagobers. Und dann hab' ich's mir in vier Teile auseinanderdividiert, zuerst kam die dunkle Schokolade dran: gefärbt mit Kakaopulver, beduftet mit einem himmlischen "Milk chocolate" Duftöl von Brambleberry. Nachdem dieses Duftöl zur recht temperamentvollen Sorte gehört und die Seife gern mal gleich im Topf in eine vorgezogene Gelphase bis hin zur hitzebedingten Gerinnung treibt bin ich mit ziemlich viel Respekt und vor allem niedrigen Temperaturen an die Schokoschicht rangegangen - und sie hat sich nicht getrennt ! Jede wahre Seifensiederin wird meine Erleichterung nachfühlen können. ;-)

Um "dunklen Nougat" zu produzieren hab' ich mich auf das Vanilleduftöl verlassen, ebenfalls von Brambleberry - bei dem bleibt die Seife schön geschmeidig und läßt sich leicht weiterverarbeiten.( Ich kann Duftöle nicht leiden die in meiner Seife "Bröckerl" erzeugen.) Mit ganz wenig Kakaopulver hab' ich auch noch nachgeholfen; dem "hellen Nougat" hab' ich ebenfalls Vanilleduftöl plus eine Löffelchen Titandioxid spendiert. Fehlte nur noch der Marzipankern - der schrie geradezu nach einem Mandelduftöl und grüner Farbe (Cosnaderm Pigment). Und weil mir gerade danach war hab' ich die fertig in die Form geschichtete Seife mit Kakaopulver bestreut - wohl wissend, dass das bei den ersten ein, zwei Mal ein wenig braunen Schaum geben wird - mir doch egal. :-)))

Die Nougatschichten der Seife sind nach dem Aufschneiden noch etwas nachgedunkelt, doch der hübsche Kontrast ist erhalten geblieben finde ich.

 

Karotten-Milchseife mit schwarzem Sesam <Oktober 2004>

Milchseifen sind erwiesener Maßen gut,  Karottenseifen ebenfalls - also müßte eine Kombination dieser beiden eigentlich fantastisch sein ? Ich lasse es auf einen Versuch ankommen, die Lauge rühre ich der Unkompliziertheit halber mit dem Karottensaft an, so entfällt das langwierige Warten bis die Milch gefroren ist (ich muß allerdings immer noch warten bis die Lauge schön abgekühlt ist, denn Milchseifen nehmen mir Ungeduld meistens krumm).  So habe ich alle Zeit der Welt zu überlegen ob bzw. womit ich meine Seife beduften möchte - ätherische Öle sind immer eine gute Wahl und vor allem bleibe ich da garantiert vor bösen Überraschungen wie erstarrenden oder ausflockenden Seifen verschont denke ich mal.

Hm, Karottenseife ... da müßte das Fläschchen Karottensamenöl prima reinpassen dass ich relativ wenig Geld  im Ausverkauf erstanden habe - sind auch nur gerade mal 10 Gramm drin. Nachdem Patchouli erstens nie schlecht und zweitens für jede Mischung ein Gewinn ist, kippe ich etwas davon flugs zum Karottensamenöl - und dann noch Muskatellersalbei und Cananga. Das gibt einen erdigen, ein wenig lieblichen Duft mit Charakter und innerer Stärke, auch weil mein Cananga mittlerweile recht blumig geworden ist - früher zeigte es sich ein wenig krautiger.  Ja, die Milch sollte ich auch noch abmessen, zur Unterstützung der Karottenfarbe quirle ich ein Päckchen Annattosamenextrakt hinein. Besonders gut läßt es sich nicht verrühren mit der kleinen Plastikspatel, ich versuche es also mit dem Stabmixer und bin Sekunden später mit einem feinen Nebel aus orangefarbener Milch überzogen. Nun, dann lass' ich es bleiben und betrachte den schwarzen Sesam eingehender. 

Als ich ihn gekauft habe wollte ich irgendein lebensverlängerndes Konfekt mit Walnüssen (genau, mit denen von meinem Baum die gerade begonnen haben runterzufallen - der Rasen ist von einer dünnen Nußschicht überzogen), Sesam und Rohzucker herstellen, doch dann reichte es nur zu einer Menge Fladenbroten womit sich ein großes Glas Sesam nicht aufbrauchen läßt, besonders da meiner jüngsten Tochter die schwarzen Körnchen von Anfang an suspekt gewesen sind. Also ab damit in die Seife - und damit er nicht kratzt, macht der Sesam vorher noch einen Zwischenstopp in der Moulinette wo er sich - ruck zuck - in ein mittelfeines, leicht öliges Pulver verwandelt. 

Soweit sogut. Irgendwann ist auch die widerspenstigste Lauge abgekühlt - gerade noch rechtzeitig bevor die harten Fette im Topf wieder fest werden wollen. Hurra, es kann losgehen !! Nachdem das Rezept eine ordentliche Portion Sojaöl enthält geht es gemächlich voran, sobald die Seife leicht andickt kommen die ätherischen Öle dazu, dann wird der geschrotete Sesam mit ein wenig Rohseife vermischt - das klappt problemlos. Unten in die Holzform kommt orangefarbene Seife, dann gieße ich den dunklen Teil drüber und fahre noch ein paar Mal mit dem Gummispatel durch. Als Dekoration dürfen natürlich ein paar Sesamsamen im ganzen nicht fehlen - fertig ! Nun wird es spannend - wird die Seife braun oder doch eher orange ? Gibt der schwarze Sesam einen guten Kontrast - ist es vielleicht sogar (oh Wunder !) ein natürlicher Weg zu schwarzer Seife ? Oder entdecke ich gerade eine neue Braunnuance ? Der morgige Tag wird die Antworten bringen...  für den Moment steht die Seife draußen in der Einfahrt auf dem kalten Steinboden, damit ihr nicht zu heißt wird. Wie ich eben festgestellt habe, hat die Gelphase gerade begonnen...

Seifenblock Karotten-Milch mit Sesam

Terra Incognita <Juli 2004>

Wenn ich meine Kinder so beobachte, wie sie zuerst mit der Spritzblume die Erde rings um das Klettergestell draußen im Garten unter lautem Gekreische ordentlich durchfeuchten, um hinterher lustvoll im Schlamm herumzuspringen, beschleicht mich das Gefühl, irgendwas zu verpassen. Natürlich könnte ich mithopsen, kein Problem - doch da dieses Vergnügen ohnehin jahreszeitgebunden ist (lies: noch ein paar Wochen und wir hopsen im Laub des riesigen Nußbaums herum...) entscheide ich mich für eine ganzjahrestaugliche, seifenveredelte Variante. Außerdem darf es für meine Haut ruhig kosmetiktaugliche Edelerde sein - für die zugegeben magischere Version mit Schlamm aus dem eigenen Garten bin ich offensichtlich noch nicht reif - vielleicht später mal.  

Die Zutaten sind schnell gefunden - ohne Kokosöl fange ich gar nicht erst an, denn ich will SCHAUM sehen, so einfach ist das.  Das erprobte Rapsöl mit einem kräftigen Schuß Sonnenblumenöl darf auch rein in den Mix, und nachdem die Seife ohnehin kaum durchscheinende Qualität haben wird, passt eine ordentliche Portion Palmöl gut dazu. Avocadoöl und Sheabutter runden das Rezept ab. Schön hart soll sie werden, diese Seife - sofern Schlamm auch hart sein kann,  von der Idee her finde ich das schon mal spannend. Braunen Schaum kalkuliere ich ein, der ist in diesem Fall ja das halbe Vergnügen - ich kann ihn schon direkt über meine Zehen rinnen sehen.  Bleibt nur noch die Frage: wie soll sie riechen, meine "Freude-Mit-Schlamm" Seife? Ich habe mich schließlich für eine ätherische Mischung entschieden: je 15 ml Patchouli, Litzea & Muskatellersalbei sowie je 5 ml Elemi und Cananga. Das gibt einen freundlichen, ein wenig tiefgrundigen Duft mit zitrusartigem ersten Eindruck, der in der Seife recht schön durchkommt. Ob diese Seife das gewünschte "Gatschlackenfeeling" erzeugt werde ich dann berichten. :-)

seifenblock terra incognita 

Seifenblock Terra Incognita

Sieben-Kräuterseife <März 2004>

1. Planung: Langsam setzt sich der Frühling durch und die Frischkräuterseifensaison rückt in greifbare Nähe. Doch vorher gilt es, noch den einen oder anderen Vorrat an getrockneten Herrlichkeiten des letzten Sommers zu verbrauchen, was liegt da näher als eine aufwendig duftende Kräuterseife ? Nun ist es mir im Überschwang der Begeisterung schon öfters passiert, dass ich so viel von den guten, guten Pflanzen hineingekippt habe, dass im Endeffekt immer recht rustikal-dunkelgrüne Seifen mit wirklich AUSGEZEICHNETEM Schrubbeffekt herausgekommen sind. Ansich ja eine gute Sache ..... nur .... ich sehne mich diesmal nach ein wenig Abwechslung, sanfterer Kräuterreinigung und vor allem etwas mehr Planung bei der ganzen Angelegenheit. Zuerst geht es also ans Grundrezept erstellen: da ich Kakaobutter doch eher mit süßen Düften und Schokolade assoziiere werde ich sie diesmal weglassen - und statt dess grünes, unraffiniertes Avocadoöl verwenden - sagen wir mal so um die 15%, diese Menge sollte für einen eindeutigen Hautpflegeeffekt ausreichend sein ohne dabei die Geldbörse zu sehr zu belasten. Kokosöl für den Schaum versteht sich von selbst - das soll diesmal mit rund 25 % vertreten sein. Nachdem ich Seifen, die bei Dauergebrauch sozusagen den inneren Halt verlieren und weich werden nicht sonderlich gerne mag,  kommt auch Palmöl dazu - an die 20%,  Sonnenblumenmargarine wäre durchaus eine Alternative, doch nachdem ich den Wassergehalt nicht reduzieren möchte damit ich möglichst viel starken Kräutertee unterbringe, verzichte ich diesmal darauf. Nun fehlt nur noch eine ordentliche Portion Rapsöl (25 %), kombiniert mit etwas Sonnenblumenöl für streichelweiche Haut (10%) und natürlich einem Schuß Rizinusöl (5%), sozusagen als Starthilfe damit die anderen Zutaten besser schäumen. So, das war der umkomlizierte Teil der Entscheidungsfindung - als nächstes setze ich einen Topf mit destilliertem Wasser auf um daraus Kräutertee zum Anrühren der Lauge zu kochen - Kamille und Zitronengras, das wird der fertigen Seife einen zartgelben Schimmer verleihen. Von dieser Grundfarbe ausgehend, ergeben sich die Kräuter für die erste Schicht wie von selbst: Ringelblumenblätter und Kamillenblüten. Für die zweite Schicht rühre ich ein wenig Annattosamenextrakt mit Wasser an - das gibt bei richtiger Dosierung ein kräftiges Orange. Um die Farbe nicht durch zuviel pflanzliches Grün zu übertönen übe ich Zurückhaltung und beschränke mich auf ordentlich zerkleinertes Johanniskraut. Die dritte Schicht endlich darf sattgrün werden - auch dunkelgrün wäre ok, so genau läßt sich das ja nicht bestimmen - die Farbe hängt unter anderem auch von der Heftigkeit der Gelphase ab. An grünen Kräutern herrscht kein Mangel - Salbei, Schafgarbe, Frauenmantel, vielleicht ein bißchen Petersilie oder doch lieber eine Handvoll der zarten jungen Klettenblätter ? Auch die wilden Karotten winken bereits mit saftigen grünen Wedeln.

Milch-Schokoseife <Februar 2004>

Milch-SchokoseifeFaszination Schokolade - wer kennt die nicht ?  Ganz gleich ob hell oder dunkel - alleine schon der Duft macht glücklich und weckt das Verlangen, ein Stückchen auf der Zunge zergehen zu lassen... doch ich werde heute zur Abwechslung meine Schokolade nicht im Mund sondern in der Mikrowelle zergehen lassen und hinterher kaloriensparender Weise in den Seifentopf kippen um so ein Stück des wunderbaren Aromas mit unter die Dusche nehmen zu können. Natürlich setzt sich Schokolade alleine geruchstechnisch betrachtet nicht gegen die rohe Seife durch - also muß ein Duftöl her. Meines nennt sich "Milk Chocolate" und kommt direkt aus Amerika von der Fa. Brambleberry. Die machen immer noch die besten Duftöle - jedenfalls für meine Nase. Alles liegt bereit - ein ordentlicher Brocken Kakaobutter von der gelben, nicht desodorierten Variante - mit dem vollen Aroma von frischer Schokolade. Im Kühlschrank steht eine Flasche mit dicker, fetter Rohmilch direkt vom Bauernhof - eine ideale Basis für eine verschwenderisch schokoladige Luxusseife speziell für Kakaofanatiker.

Es kann losgehen: beim Anrühren der Lauge wird die Milch gelb und flockt aus - damit war ja zu rechnen, also kippe ich das etwas streng riechende Gebräu unbeeindruckt in die Öl/Fettmischung. Mein guter alter Freund der Stabmixer erledigt den Rest und schon nach ein paar Minuten liegt eine gelbliche, homogene Masse im Topf die natürlich schlagartig dunkel wird sobald ich die geschmolzene Schokolade - Zarbitterkuvertüre um genau zu sein - unterrühre. Soweit läuft alles nach Plan. 

Heikel wird der nächste Schritt - das Duftöl. Ich befürchte, dass es die ohnehin schon temperamentvolle Seife an den Rand des Wahnsinns treiben wird bis hin zur Auflösung oder Gerinnung. Oben Öl, in der Mitte undefinierbarerer Matsch, unten Lauge - in mehr oder minder starker Ausprägung. Eine ärgerliche Sache, besonders wenn das in der Form passiert. Doch diesmal bin ich innerlich gewappnet und lasse die - zuerst mal vollkommen normal und unschuldig wirkende - Seife einfach im Topf. Ich schalte den Stabmixer aus (um sie in falscher Sicherheit zu wiegen ...), nehme mir einen Kaffee und gehe in ein anderes Zimmer. 

Als ich nach einer Viertelstunde zurückkomme, ist genau das eingetreten was ich geahnt hatte - die Seife ist geronnen.  Da sie noch im Topf ist, hab' ich ein leichtes Spiel - der Stabmixer heult kurz auf und sorgt im Handumdrehen wieder für Ordnung und vor allem Homogenität im Seifentopf - die Masse läßt sich innerhalb von wenigen Minuten problemlos zusammenrühren. 

Ich lasse sie probeweise wieder ein paar Minuten in Ruhe - prompt trennt sie sich wieder. Dieses Spielchen geht ein paar Mal hin und her, bis ich schließlich, nach einer knappen halben Stunde, endlich die Oberhand behalte. Dunkel und matt liegt die Seife im Topf und läßt sich mehr oder weniger willenlos in die Form spachteln und ergeben glattstreichen. Ich stelle die Holzkiste in den entlegenen Teil des Hauses und freue mich schon auf den nächsten Morgen der einen duftenden Block Milch-Schokoseife bringen wird. :-)

Nachtrag: mittlerweile ist die Seife geschnitten und verströmt ein ausgesprochen schokoladiges Aroma. Mein ganzes Wohnzimmer riecht danach - traumhaft.

Alt-Wiener Lavendel-Lanolinseife  <Jänner 2004>

Kaltgerührte Kokosölseife mit LanolinDie alten Wege finden mehr und mehr Beachtung - besonders gute Seife hat es den Menschen wieder angetan. "Zurück zu den Wurzeln" also ... was liegt da näher, als das Jahr mit einer geradezu historischen, kaltgerührten Kokosölseife zu beginnen. Zugegeben, damals hatten diese Seifen den Ruf die Haut zu reizen - und dennoch werden sie IMMER noch hergestellt. Also was ist dran an den reinen Kokosölseifen - gab es damals Geheimnisse, die manchen Sieder befähigten besonders feine Seifen herzustellen ? War es die teilweise Verseifung mit Kalilauge ? Oder vielleicht ein entsprechend angepaßter Überfettungswert ? Aus den praktischen Erfahrungen des vergangenen Jahres kann ich sagen, dass die bei den modernen Fettansätzen üblichen 5 - 7 % bei reinen Kokosseifen sicher nicht funktionieren - also wurde das früher eindeutig anders gehandhabt. Auch standen Zusätze von Lanolin, Kasein und noch so mancher anderen Zutat in dem Ruf, milde und feine Seifen zu ergeben. Die Sache mit dem Lanolin probierte ich aus. Was mir dabei aufgefallen ist: das Zeug klebt unheimlich an Fingern, Löffeln, Schüsseln und überhaupt an allem womit es in Berührung kommt. Riechen tut es auch nicht gerade lecker doch was nimmt frau nicht alles in Kauf auf dem langen Weg zur perfekten Seife. Ursprünglich hatte ich das Lanolin zur Cremeherstellung gekauft doch da hat mich die Sheabutter letztendlich mehr überzeugt. Gleichgültig wie gut die emulgierenden Eigenschaften des im Lanolin so reichlich enthaltenen Cholesterins auch sein mögen, ich habe mich letztendlich für den ein wenig synthetischeren Emulgator Tegomuls entschieden. Doch das gehört hier gar nicht her - für solche Abschweifungen gibt's schließlich das Hexenküchenjournal. Zurück zu meiner Seife aus alter Zeit. 

Da soll nix rein außer Kokosöl, Wasser, Lanolin und Lavendelöl. Hm, bei näherer Betrachtung gibt das sicher leicht gelbstichige Seife - nicht sonderlich attraktiv, also vielleicht lasse ich ein wenig violettes Kosmetikpigment springen für dieses Experiment. Oder eine Mischung aus Indigo und rotem Ton - das ist eventuell unberechenbarer im Ergebnis und somit reizvoller. Wenn's nicht klappt kann ich das verschmerzen - wird ohnedies nur ein kleiner Seifenblock.

Nachtrag: die Mischung aus Indigo und rotem Ton ergab ein ganz dunkles Dunkelviolett. Eine gute  Freundin hat es ein wenig rücksichtslos "schwarz" genannt. Ich gebe es ja nicht gerne zu, doch sie könnte damit recht haben.

Seifensieders Tagebuch von 2003 !

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zuletzt geändert: Sonntag, 18. September 2016

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